Vereinbarkeit als Ressource: Mitarbeiter*innen mit Kindern halten – Expert*innen-Interview mit Juliane Schreiber & Sarah Drücker – Zertifikatslehrgang „Vereinbarkeits Manager/in (IHK)“
Provokante Frage: Viele Unternehmen haben bisher eher versucht, Beschäftigte mit familiären Verpflichtungen loszuwerden. Warum sollten sie Mitarbeiter*innen mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen plötzlich lieber versuchen zu halten?
“Unternehmen haben versucht Beschäftigte mit familiären Verpflichtungen loszuwerden”, klingt sehr persönlich. Dabei ist es das nicht. Der Grund, warum Arbeitnehmer:innen mit Familie lange als weniger attraktiv wahrgenommen wurden, ist in der 40 Stunden-Woche und einem Verheiratet-mit-dem-Job-Arbeitsethos begründet, für den Jahrzehntelang versucht wurde die Ressource Mensch maximal “auszunutzen” (im Kosten-Nutzen-Sinne gemeint). Die Annahme war: Je länger ein:e Mitarbeiter:in im Büro ist, desto mehr Arbeit kann sie leisten und desto besser ist das für das Unternehmen. Diese Annahme wird aber von zahlreichen Branchen und Jobs in neuen digitalen Umfeldern widerlegt. Mit dem Wandel der Arbeit findet eben auch ein Wandel der Anforderungen an eine Arbeitskraft statt. Und dabei stellen Unternehmen fest, dass sie von den Kompetenzen, die Menschen mit Kindern und/oder pflegenden Angehörigen, erwerben und trainieren, profitieren. Und es wird auch immer klarer, dass Modelle mit flexiblen und verkürzten Arbeitszeiten eine gleich hohe oder sogar höhere Produktivität der Mitarbeiter:innen bewirken und das langfristig.
Wie kam es dazu, dass ihr dachtet: Hey, wir brauchen in Deutschland unbedingt eine offizielle Weiterbildung im Bereich Vereinbarkeitsmanagement?
Das ergab sich tatsächlich aus vielen Gesprächen mit Unternehmensvertreter:innen über unsere Event- und Weiterbildungsreihe Mama Meeting. Wir haben dabei immer wieder mit Unternehmen gesprochen, die dem Thema Familienfreundlichkeit sehr positiv gegenüberstanden, aber einfach nicht wussten, wie sie das angehen. Dazu muss man sagen, dass es für Vereinbarkeit nicht die eine Checkliste gibt, mit Lösungen, die für alle Branchen und Belegschaften passen. Um dieser Vielfalt an Anforderungen auf Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innenseite gerecht zu werden, haben wir beschlossen das Know-How um Arbeitsmodelle, um die Historie unserer Arbeit, um strukturelle Rahmenbedingungen, (Self-)Leadership, Kommunikation und ganz viele erfolgreiche Beispiele aus der Praxis in einem Lehrgang zu bündeln. Die Vereinbarkeits Manager/innen mit IHK-Zertifikat agieren als Mulitplikator:innen in ihre Unternehmen und Unternehmen, die sie beraten und begleiten. So erreichen wir eine große Menge an Institutionen und Unternehmen in kurzer Zeit und kommen unserem Ziel “Die Arbeitswelt zu einem besseren Ort machen” in großen Schritten gemeinsam näher.
Welche Kompetenzen erwerben Teilnehmer*innen eures Lehrgangs und für wen ist dieser gedacht?
Der Lehrgang steht allen Interessierten offen. Sowohl selbständige Coaches und Berater:innen absolvieren inzwischen der IHK-Zertifikatslehrgang, als auch Angestellte in vielfältigen Bereichen von Unternehmen aller Branchen. Die Teilnehmer:innen eignen sich im Lehrgang die Kompetenz an individuelle Vereinbarkeitskonzepte zu erstellen, basierend auf Analysen der Bedürfnisse und Anforderungen von Unternehmen und Belegschaft und erstellen Maßnahmen zur Erreichung Vereinbarkeits-relevanter Ziele, wie z.B. Senkung von Fehlzeiten und Fluktuation, Fachkräftesicherung, Gender Mainstreaming, Verbesserung der Unternehmenskultur und Mitarbeiter.innenzufriedenheit, Einführung von flexiblen Arbeitsmodellen und viele weitere.
Was war bisher das wichtigste Learning in Sachen Familienfreundlichkeit am Arbeitsplatz, das ihr Unternehmen hier mit auf den Weg geben könnt?
Kommunikation is key und dafür braucht es Rahmenbedingungen und Räume. Unternehmen brauchen Anlässe, Strukturen und Prozesse, um über die Bedürfnisse von Mitarbeiter:innen zu sprechen und die Anforderungen auf Unternehmensseite nachvollziehbar zu vermitteln. Im Austausch darüber, wie sich beide Seiten Leben und Arbeiten vorstellen, lassen sich Erwartungen abgleichen und echte Win-Win-Situationen schaffen.
Juliane Schreiber und Sarah Drücker sind Gründerinnen von MamaMeeting und Smart Worq sowie die Initiatorinnen des Zertifikatslehrgangs „Vereinbarkeits Manager/in (IHK)“.
„Wir machen die (Arbeits-)Welt zu einem Ort mit mehr Vereinbarkeit zum Wohle aller Seiten. Die ausführlichere Erklärung dazu: Wir bilden, in Kooperation mit der IHK Köln und einer Reihe von Expertinnen zu New Work, flexiblen Arbeitsmodellen, rechtlichen Rahmenbedingungen, Kommunikationsstrategen und vielen weiteren Koryphäen auf ihren Felder, Vereinbarkeits Manager/innen aus, die in Unternehmen und als Berater:innen als Schnittstelle zwischen den Bedürfnissen und Wünschen von Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen agieren und individuelle Vereinbarkeitskonzepte für vielfältige Zielgruppen entwickeln.“